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Wie umgehen mit Rechtsradikalen?
#30
(06.09.2018, 19:00)Bartholomew Gallacher schrieb: Und das ist keine Erfindung von irgendjemand, sondern dazu gibt es verhaltensbiologische Studien an Säuglingen, die gerade mal einen Tag alt sind.

Da beziehst Du Dich sicher auf Simon Baron-Cohen, der herausgefunden hat, dass Jungen zu 54% lieber ein Mobile als einen Smiley betrachten, aber nur 48% der Mädchen. B.C. hat also herausgefunden, dass 94% der Säuglinge sowohl Mobiles als auch Smileys gleichermaßen gerne betrachten. Die Medien suggerierten uns dann, das sei nun der Beweis dafür, dass Frauen anders ticken. Es ist aber der Beweis für das genaue Gegenteil. Das will aber keiner lesen.
"Männer und Frauen ticken ganz genau gleich" ist keine so gute Schlagzeile wie "Frauen ticken ganz anders".
Außerdem gab es methodische Kritik an der Arbeit; angeblich wurde nicht genügend sichergestellt, dass keine Erwartungshaltungen zwischen dem Durchführenden des Tests (Student) und dem Probanden (Baby) übermittelt wurden.

Ganz ähnlich verhält sich der Fall in der Neurologie. Da gibt es gewisse Tendenzen (wie die Verteilung von weißer und grauer Masse, die Stärke des Corpus Callosum und die Größe), die wichtige Hinweise liefern können, ob ein Gehirn mal einem Mann oder einer Frau gehört hat. Es gibt aber keinen Menschen auf der ganzen Welt, der ein Gehirn definitiv als männlich oder weiblich bestimmen kann, ohne sich die Geschlechtschromosomen anzusehen.
Es hat nicht jede Frau ein "weibliches" Gehirn und nicht jeder Mann ein "männliches". Für das Verhalten von Menschen spielen außerdem Hormone und Umweltbedingungen eine viel größere Rolle als nun ausgerechnet die Anatomie des Gehirns.
Und wie groß nun genau der Einfluss all dieser Faktoren ist, ist Gegenstand der Genderforschung.

Dass konservative Regierungen keinen Wert auf Forschungen legen, die in ihrer Konsequenz zu einer faktischen Beendigung der Benachteilung von Frauen führen könnten, ist ja klar. Auch Norwegen wird momentan konservativ regiert, vor 2013 sozialdemokratisch. Im Prinzip ist es ähnlich wie in Deutschland, aber mit König, und so besonders links sind die Norweger nicht.
Die Regierung richtet sich aber mehr nach dem Volkswillen als hier, man fühlt sich dort von der Regierung nicht so verarscht. Wenn die Norweger nach einem Film keine Gender-Studies mehr wollen, dann wird das Geld für was anderes ausgegeben.

Wenn man nur Genderforscher interviewt, die Geschlecht als rein soziales Konstrukt sehen, muss man sich nicht wundern, wenn dann alle sagen, dass Geschlecht ein soziales Konstrukt sei. Das ist ja eine ziemlich radikale These von Judith Butler u.a., die ich jetzt so auch nicht unterschreiben würde, aber wenn man sich näher damit auseinander setzt, erkennt man auch, dass das soziologische Geschlecht, eben "Gender", nicht das ist, was ein Arzt meint, nämlich "Sex".
"Gender" ist gesellschaftlich, "Sex" ist anatomisch. Auch im Norwegischen wird das nicht so unterschieden wie im Englischen. Diese Leute reden also über völlig verschiedene Dinge.

Dass man nicht einfach einem Jungen ein Kleid anziehen kann und dann entwickelt er sich zum Mädchen wissen wir spätestens seit dem tragischen Fall der Reimer-Zwillinge in den Achtzigern. Leider ist ein einzelner Mensch statistisch irrelevant.
Wie auch immer, man kann nicht ein ganzes Forschungsgebiet in die Mülltonne hauen, nur weil die reinen Geisteswissenschaftler in der Überzahl sind. Das ist vielleicht auch genau das Problem, das Gebiet wird noch nicht wirklich interdisziplinär genug erforscht.

LG, Otto
Eine Demokratie kann ein paar Nazis aushalten. Aber eine Diktatur kann keine Demokraten aushalten.
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